Chronik des TSV Rot-Weiß Körle 1896 e.V.

Der TSV beruft sich als Gründungszeitpunkt auf das Jahr 1896. Gegen Ende des 19 Jahrhunderts wurden ausgehend von den Städten auch im ländlichen Umfeld eine Vielzahl von Vereinen gegründet. Auslöser dafür war war ein Strukturwandel von einer bäuerlich geprägten Gemeinde zu einer Arbeiter-, Handwerker -, und Bauerngemeinde. Je näher die Gemeinde an einem städtischen Zentrum wie z. B. Kassel lag und je ausgeprägter der Strukturwandel war, um so früher erfolgten Vereinsgründungen.

Das Gründungsjahr 1896 ist zwar bekannt, aber aufgrund der mangelhaften Quellenlage ist der exakte Name des Vereins nicht rekonstruierbar. Es gibt mündliche Überlieferungen die von einem „Athletenverein“ sprechen. In der damaligen Zeit deutet das darauf hin, das hauptsächlich Sportarten wie Turnen und Leichtathletik betrieben wurde.

Der Verein wurde in einer Gaststätte gegründet. Politische Ansichten waren, wie in vielen ländlichen Vereinen dieser Zeit, national konservativ geprägt. Offensichtlich spielte die politische Prägung in dieser Zeit eine größere Rolle als heute. Die Quellenlage deutet daraufhin, das sich bereits vor dem 1. Weltkrieg eine Gruppe mit der Gründung eines Arbeitersportvereins abspalten würde.

In diesen frühen Jahren war die Hauptsportart das Geräteturnen. Leichtathletik wurde in geringeren Umfang betrieben und hatte wohl nur den Charakter von gymnastischen Übungen. Nachdem man das Geräteturnen intensiviert hatte, zog man in den Saal der Bahnhofswirtschaft um, die bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges Vereinslokal blieb.

Bei gutem Wetter wurde das können der Athleten auf dem Hof der heutigen alten Schule der Öffentlichkeit demonstriert. Weitere Gelegenheiten sich zu präsentieren boten Sportfeste des Turngaues Fulda-Eder, sowie das jährlich stattfindende Vereinsfest.

Die Mitgliederzahl stieg ständig an, im Jahre 1901 gehörten dem Verein bereits 48 Mitglieder an.

Mit dem  Ausbruch des 1. Weltkrieges kam das Vereinsleben schnell zum erliegen, da nahezu alle Turner zum Kriegsdienst herangezogen wurden.

Nach dem ersten Weltkrieg in den 20er Jahren politisierte sich das Leben in der Gemeinde zunehmend. Das wirkte sich auch auf die Vereine aus. Die neu gegründeten Sportvereine spiegelten die politische Auffassung bzw. gesellschaftliche Zugehörigkeit seiner Mitglieder. Aktive SPD-Genossen gründeten den bis 1914 bestandenen Sportverein als „Arbeiter-Sport-Verein“ neu. In 1920 taten sich nationalgesinnte Körler zusammen und riefen den Deutschen Turn und Sportverein „Gut Heil Körle“ ins Leben. Für das Vereinsleben waren die Vereinslokale unverzichtbar und konzentrierte sich schon damals  auf das Gasthaus zum Stern, das Gasthaus zur Krone (Die Mitte) und die Bahnhofswirtschaft. Die Arbeitervereine trafen sich im Gasthaus zum Stern und Bahnhofswirtschaft und die Sportler von Gut Heil schlugen ihr Quartier in der Mitte auf.

Zwischen den Vereinen entwickelte sich eine Konkurrenz, die sich durch Zugehörigkeit  unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen begründete. Die Zielsetzungen unterschieden sich allerdings kaum. So formulierte die Satzung des Turnvereins „Gut Heil“ folgende Zielsetzung: Der Zweck des Vereins ist : Hebung und Erhaltung des Turnwesens als Mittel zur körperlichen und sittlichen Kräftigung, sowie die Förderung und Erhaltung des Gesanges. Dieses Ziel sucht der Verein zu erreichen: Durch Abhaltung von Turnstunden, geselligen Zusammenkünften, Besuchen von Turnfesten, Vorturnerstunden und Turnfahrten und durch geeignete Vorträge.

Der Arbeitersportverein stellte ausschließlich die geselligen Aufgaben in seinen Zielsetzungen in den Vordergrund.

Trotz aller ideologischen Differenzen der Vereine, so unterschieden sie sich hinsichtlich der Organisation und Aktivitäten nur geringfügig.

Frauen spielten in dieser Zeit in den Vereinen keine Rolle. Es war absolut unüblich, das Frauen allein ein Gasthaus besuchten, oder einem Verein beitraten.

Beide Vereine, sowohl Gut Heil und der Arbeiter-Sportverein nutzten gemeinsam den Sportplatz. Es gab immer wieder Auseinandersetzungen bezüglich der Nutzungsrechte. Der Arbeiter- Sportverein fühlte sich benachteiligt und stellte in 1926 den Antrag an die Gemeindevertretung zur Bereitstellung eines Sportplatzes.

Die Endscheidung darüber wurde zunächst vertagt, weil man wohl den mitgliederstarken Verein nicht verprellen wollte. Ein erneuter Antrag wurde nicht gestellt, offensichtlich kam es zu einer einvernehmlichen Einigung.

Dies ist umso erstaunlicher weil in dieser Zeit in beiden Vereinen das Handballspielen begonnen wurde und eine starke Rivalität der Handballsparten nach sich zog.

Der Turnverein „ Gut Heil“ gründete die erste Handballabteilung in Körle. Die hohe Attraktivität des neuen Sportes zog viele Jugendliche an und Zwang den Arbeiter-Sportverein ebenfalls Handball in sein Angebot aufzunehmen.

Ende der 20er Jahre wurde mit der großen Wirtschaftskrise und dem aufkommenden Nationalsozialisten die Situation in den Arbeiter – Sportverein zunehmend schwieriger. Unter den Arbeitern wuchs die Arbeitslosigkeit. Ein ortsansässiger Bauunternehmer und Mitglied im Deutschen Turnverein Gut Heil nutzte seine wirtschaftliche Position und bot den Arbeitslosen Arbeit an, wenn sie sich bereiterklärten in die Deutschen Vereine bzw. Gut Heil überzuwechseln. Die Quellen berichten ebenfalls, das der Eintritt in die SA erwartet wurde.

In 1933 wurden unter der Nazi Herrschaft alle Arbeiter Vereine und damit auch der Handball spielende Arbeiter-Sportverein verboten. Einige Mitglieder wechselnden in den Turnverein Gut Heil. Handball wurde damit nur noch in diesem Verein gespielt.

An dieser Stelle verliert sich die Geschichte des Sportvereins bis nach den 2.Weltkrieg.

Körle gehörte zur amerikanischen Besatzungszone. Unmittelbar nach dem Krieg galt ein universelles Versammlungsverbot, was das Vereinsleben erschwerte bzw. die Neugründung unmöglich machte.

Nachdem diese Verbot im Oktober 1945, gründeten einige Sportfreunde um Heinrich (Old) Schneider den TSV Rot Weiss Körle neu. Im Kreis der interessierten Neugründungsmitglieder waren sowohl Mitglieder des alten Arbeiter Sportvereins als auch von Gut Heil, oder dem Deutschen Turnverein. Einen Bezug zu den alten Sportvereinen aus den Vorkriegszeiten stellte man noch nicht her. Es gab zunächst noch Auseinandersetzungen über die Ausrichtung des neuen Vereins, aber man sah die sportlichen Aktivitäten im Vordergrund, eine erneute Spaltung sollte vermieden werden.

Erst sehr viel später, als man sich auf seine Wurzeln besinnen wollte, oder meinte das eine alte Tradition dem Verein noch mehr Identität geben könnte, beschloss man auf der Jahreshauptversammlung von 1966 das Gründungsdatum 1896. Möglicherweise hatte man als Grundlage für diese Entscheidung nicht viel mehr als das berühmte historische Foto.

Fest steht, die Bezeichnung TSV Rot-Weiss Körle gibt es erst seit 1949. Der Zusatz mit der Jahreszahl 1896 wurde in 1966 hinzugefügt. Unser TSV sieht sich damit als legitime Fortsetzung der Tradition Körler Sportvereine.